Faktenboxen zur Früherkennung von Darmkrebs durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie)

Diese Faktenboxen sollen Ihnen helfen, Nutzen und Schaden der Darmkrebs-Früherkennung durch die kleine Darmspiegelung abzuwägen. Die Informationen und Zahlen stellen keine endgültige Bewertung dar. Sie basieren auf den derzeit besten wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Diese Faktenboxen wurde vom Harding-Zentrum für Risikokompetenz erstellt.

Was ist Darmkrebs?

Wird von Darmkrebs gesprochen, handelt es sich dabei oft um Wucherungen in der Schleimhaut des Dickdarms (Darmpolypen). Seltener tritt Krebs im Dünndarm auf. Darmpolypen sind zunächst gutartige Schleimhautvorwölbungen, die in den Darm ragen und anfangs häufig keine Beschwerden verursachen. Werden Darmpolypen größer, können sie gelegentlich zu Beschwerden wie Schmerzen oder Blähungen und zu Stuhlunregelmäßigkeiten in Form von Durchfall und Verstopfung führen. Sie können ungefährlich sein, sich aber auch über viele Jahre zu einem Darmkrebs entwickeln. Daher werden Darmpolypen auch als Darmkrebsvorstufen bezeichnet. Sie können durch verschiedene Verfahren beobachtet bzw. behandelt und entfernt werden [1, 2].

Im Jahr 2018 wurde bei etwa 33 je 100.000 Frauen und bei etwa 52 je 100.000 Männern in Deutschland Darmkrebs diagnostiziert. Menschen über 55 Jahre sind am häufigsten betroffen [2].

Was ist die Darmkrebs-Früherkennung durch die kleine Darmspiegelung?

Durch Früherkennungsuntersuchungen (auch Screening genannt) sollen Darmkrebs und seine Vorstufen frühzeitig entdeckt und behandelt werden. Diese Untersuchungen richten sich an Menschen, die weder Darmkrebssymptome noch ein besonderes Darmkrebsrisiko haben.

Die kleine Darmspiegelung nennt man auch flexible Teildarmspiegelung oder Sigmoidoskopie. Nach einer teilweisen Darmentleerung, beispielsweise nach einem kleinen Reinigungseinlauf, werden hierbei die letzten 60 Zentimeter des Dickdarms mit einem Endoskop untersucht. Um die Darmwand gut einsehen zu können, wird der Darm während der Untersuchung etwas aufgeblasen. Mithilfe des Endoskops ist es dann möglich, die Darmwand zu betrachten und auf Auffälligkeiten zu untersuchen. Dabei können zudem Darmkrebsvorstufen, die Polypen, direkt eingeschätzt und wenn nötig entfernt werden [3].

Wer kann eine kleine Darmspiegelung in Betracht ziehen?

Zur Früherkennung von Darmkrebs wird die kleine Darmspiegelung in Deutschland nicht als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen angeboten. Sie muss selbst gezahlt werden.

Welche alternativen Früherkennungsuntersuchungen gibt es?

Von den gesetzlichen Krankenkassen werden folgende alternativen Früherkennungsuntersuchungen, gestaffelt nach Alter und Geschlecht, übernommen [4]:

  • Frauen und Männern zwischen 50 und 54 Jahren wird jährlich und ab 55 Jahren alle zwei Jahre ein Test auf verstecktes Blut im Stuhl (immunologischer Stuhltest) angeboten.
  • Frauen ab 55 Jahren und Männern ab 50 Jahren werden maximal 2 große Darmspiegelungen (Koloskopien) (dabei wird der gesamte Dickdarm untersucht) im Abstand von 10 Jahren angeboten. Bei Entfernung von Auffälligkeiten erfolgt die Untersuchung in kürzeren Abständen.
Faktenbox Früherkennung von Darmkrebs durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie)
Faktenbox Früherkennung von Darmkrebs durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie) © Harding-Zentrum für Risikokompetenz
Faktenbox Früherkennung von Darmkrebs bei Frauen durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie)
Faktenbox Früherkennung von Darmkrebs bei Frauen durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie) © Harding-Zentrum für Risikokompetenz
Faktenbox Früherkennung von Darmkrebs bei Männern durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie)
Faktenbox Früherkennung von Darmkrebs bei Männern durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie) © Harding-Zentrum für Risikokompetenz
Was zeigen die Faktenbox?

In den drei Faktenboxen werden die Nicht-Teilnahme und die Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung durch die kleine Darmspiegelung hinsichtlich des Nutzens und Schadens für bestimmte Personengruppen miteinander verglichen. In der ersten Faktenbox wird die Nicht-Teilnahme und die Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung durch die kleine Darmspiegelung für Frauen und Männern von 50 bis 54 Jahren miteinander verglichen. Die zweite Faktenbox stellt die Zahlen für Frauen von 50 bis 75 Jahren dar. Die dritte Faktenbox bezieht sich auf Männer von 50 bis 75 Jahren.

Die Tabellen lesen sich wie folgt, am Beispiel Früherkennung von Darmkrebs bei Frauen und Männern von 50 bis 54 Jahren, durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie):

Bei Nicht-Inanspruchnahme sowie bei Inanspruchnahme der kleinen Darmspiegelung starben innerhalb von 15 Jahren gleich viele Personen im Alter von 50 bis 54 Jahren an Darmkrebs. Im selben Zeitraum entwickelten 4 von je 1.000 Personen weniger mit Früherkennungsuntersuchung durch die kleine Darmspiegelung fortgeschrittenen Darmkrebs.

Die Zahlen in allen drei Faktenbox sind gerundet. Die Zahlen zur Gesamtsterblichkeit, Darmkrebssterblichkeit und Darmkrebsdiagnosen basieren auf vier Studien mit insgesamt etwa 300.000 Teilnehmenden und sind in den Faktenboxen für Frauen, Männer und beide Geschlechter jeweils separat angegeben.

Die Zahlen zu schwerwiegenden Komplikationen basieren auf 18 Studien mit etwa 395.000 Teilnehmenden [3]. Die Zahlen zu Schmerzen basieren auf einer Studie mit etwa 1.123 Teilnehmenden [5]. Beide Schadensergebnisse sind jeweils für Frauen und Männer zusammengefasst angegeben.

Was ist noch zu beachten?

Ein auffälliger Befund von Darmpolypen ist keine Krebsdiagnose. Bei einigen Personen bleiben diese Darmpolypen harmlos, bei anderen entwickeln sie sich über viele Jahre zu Darmkrebs, der lebensbedrohlich sein kann [1].

Bei jeder Früherkennung können Überdiagnosen auftreten. Im Falle der Darmkrebs-Früherkennung bedeutet dies, dass Darmpolypen, die nur langsam oder gar nicht wachsen, womöglich nie zu Beschwerden geführt hätten. Für medizinisches Fachpersonal ist es schwer zu beurteilen, ob ein Darmpolyp in Darmkrebs übergehen kann, weshalb häufig zur operativen Entfernung geraten wird. Das bedeutet auch, es werden unnötigerweise Entfernungen durchgeführt, die zu Komplikationen führen können.

Liefern die Ergebnisse einen Beweis (Evidenz) für den Nutzen und Schaden der Früherkennung durch die kleine Darm-spiegelung?

Die Beweislage zum Nutzen sowie schwerwiegenden Komplikationen wurde von den Autor*innen der eingeschlossenen Übersichtsarbeit ermittelt. Die Beweislage hat für alle drei Faktenboxen insgesamt eine moderate bis hohe Qualität [3].

Die Beweislage zu Schmerzen während der Untersuchung wurde von den Autor*innen dieser Faktenboxen ermittelt. Die Beweislage hat über alle drei Faktenboxen hinweg eine moderate Qualität [5].

Hohe Evidenzqualität:

Wir vertrauen den Schätzungen zur Wirksamkeit in Bezug auf die Gesamtsterblichkeit, Darmkrebssterblichkeit und die Darmkrebsdiagnosen. Die tatsächliche Wirksamkeit liegt sehr wahrscheinlich nahe der geschätzten Wirksamkeit.

Moderate Evidenzqualität:

Wir haben leicht eingeschränktes Vertrauen in die Schätzung zur Anzahl der Personen, die an Schmerzen während der Untersuchung litten. Die tatsächliche Anzahl von Personen, die an Schmerzen litten, liegt wahrscheinlich nahe der geschätzten, dennoch ist es möglich, dass sie deutlich abweicht.

Versionsverlauf der Faktenbox
  • Juni 2022 (neue Recherche, Update der Evidenz, Implementierung neuer und geschlechtsspezifischer Endpunkte) 

  • Juni 2019 (Update der Evidenz, Implementierung geschlechtsspezifischer Endpunkte)

  • Juni 2016 (Erstellung)
Quellen

Die Informationen für die Faktenboxen wurden den folgenden Quellen entnommen:

[1] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) (2021). Darmkrebs. Abrufbar unter: https://www.gesundheitsinformation.de/darmkrebs.html (26.0.2022).

[2] Robert Koch Institut (RKI). Zentrum für Krebsregisterdaten. Darmkrebs in Deutschland 2018 (Stand 29.11.2021). Abrufbar unter: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Darmkrebs/darmkrebs_node.html (26.04.2022).

[3] Lin JS, Perdue LA, Henrikson NB, Bean SI, Blasi PR (2021). Screening for colorectal cancer: updated evidence report and systematic review for the US Preventive Services Task Force. JAMA, 325(19):1978-1997. doi: 10.1001/jama.2021.4417.

[4] Gemeinsamer Bundesausschuss (GBA). (o. J.). Früherkennung von Krankheiten. Abrufbar unter: https://www.g-ba.de/themen/methodenbewertung/ambulant/frueherkennung-krankheiten/ (28.04.2022).

[5] Rutter MD, Evans R, Hoare Z, Von Wagner C, Deane J, Esmaily S & Beintaris, I. (2021). WASh multicentre randomised controlled trial: water-assisted sigmoidoscopy in English NHS bowel scope screening. Gut, 70(5):845-852. doi: 10. 1136/ gutjnl- 2020- 321918.

 

Eine Dokumentation zur Ermittlung der Zahlen in der Faktenbox ist auf Anfrage erhältlich.