Seit August 2017 besteht zwischen dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und dem Harding-Zentrum für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung eine zweijährige Forschungskooperation mit dem Ziel, die Ergebnisse aus der gesundheitlichen Risikobewertung allgemeinverständlich zu visualisieren.
„Grafische Elemente haben den Vorteil, dass sie auf einen Blick wichtige Faktoren einer Entscheidung anschaulich darstellen. In der Risikokommunikation sind sie daher unverzichtbar“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Wir haben in unserer Forschung zum Risikoverständnis festgestellt, dass wir mit der Kombination von verbaler und grafischer Risikokommunikation Fehleinschätzungen verringern und risikokompetente Entscheidungen fördern können“, ergänzt Professor Dr. Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz in Berlin.
Seit den Anfängen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Risiken wird zur vereinfachten Kommunikation häufig eine Definition von Risiken nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß vorgenommen. Dabei gilt die Risikomatrix als eine gängige Form der Risikodarstellung, die das Verhältnis zwischen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß in Farbabstufungen verdeutlicht. Der Informationswert ist allerdings durch die Beschränkung auf die zweidimensionale Ebene zu gering, um das vollständige Risikoausmaß und die Bewertungsunsicherheiten zu verdeutlichen. Die gegenwärtig existierenden Visualisierungsmodelle helfen insbesondere Verbraucherinnen und Verbrauchern nur teilweise dabei, ohne fachliche Vorkenntnisse individuelle Entscheidungen zu gesundheitlichen Risiken auf Basis bestmöglicher wissenschaftlicher Fakten zu treffen. Im Sommer beschlossen das BfR und das Harding-Zentrum für Risikokompetenz deshalb, gemeinsam informative, transparente, evidenzbasierte und allgemeinverständliche Risikovisualisierungen zu entwickeln.
Bereits 2013 wurde am BfR ein grafisch gestütztes Verfahren zur Kommunikation von Ergebnissen der Risikobewertung entwickelt – das „BfR-Risikoprofil“. Es erleichtert Empfänger*innen die Einschätzung des Risikopotenzials, indem es zentrale Aspekte der Risikobewertung zusammenfasst: betroffene Zielgruppen, Schweregrad und Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, die Qualität der Datenlage sowie die Handlungsmöglichkeiten. Die Einbindung des BfR-Risikoprofils in wissenschaftliche Stellungnahmen ist auf internationaler Ebene auf großes Echo gestoßen und wird von den internationalen Partnern und Interessengruppen positiv bewertet. Allerdings sind Visualisierungen von Risikoinformationen immer eine komprimierte Darstellung komplexer Ergebnisse, die insbesondere bei Laien zu Missverständnissen führen können. So werden unter Umständen Eindeutigkeiten generiert, die nicht existieren. Um Fehlinterpretationen entgegenzuwirken, soll das BfR-Risikoprofil nun weiterentwickelt werden.
Dabei wird wissenschaftliche Expertise aus dem Gebiet der Entscheidungspsychologie eingebunden. Das Harding-Zentrum für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ergänzt die wissenschaftliche Expertise des BfR, um die beste verfügbare Evidenz zu potenziellem Nutzen und Schaden verschiedener medizinischer Maßnahmen und Gesundheitsthemen in grafisch ansprechender und allgemeinverständlicher Form umzusetzen. In dem gemeinsamen Projekt mit der Kurzbezeichnung „VisRisk“ wird ein Forscherteam bestehend aus Psycholog*innen sowie Gesundheits- und Naturwissenschaftler*innen in einem Zeitraum von zwei Jahren wissenschaftlich untersuchen, wie die Aussagen aus der Risikobewertung sowohl verbal als auch visuell allgemeinverständlich dargestellt werden können. Erkenntnisse und Methoden der kognitiven Entscheidungspsychologie sollen hierbei die Weiterentwicklung des BfR-Risikoprofils zur schnellen und laiengerechten Darstellung des Risikopotentials von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen und Produkten ermöglichen.