Diese Faktenbox soll Ihnen helfen, Nutzen und Schäden eines vorsorglichen Dammschnitts während der vaginalen Geburt abzuwägen. Die Informationen und Zahlen stellen keine endgültige Bewertung dar. Sie basieren auf den derzeit besten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Die Faktenbox wurde vom Harding-Zentrum für Risikokompetenz erstellt.
Der Damm bezeichnet das Gewebe zwischen Vagina und After einer Frau. Während der vaginalen Geburt wird dieses sehr stark gedehnt, damit der Kopf des Babys durch die Vaginalöffnung passt. Hierbei kann es zu Rissen in der Vagina und dem umliegenden Gewebe (Perineum) kommen. In manchen Fällen reißt das Gewebe bis hin zum After [1].
Bei einem Dammschnitt (Episiotomie) wird das Gewebe, welches während der Geburt unter sehr starker Spannung steht, in Richtung After aufgeschnitten. Dies dient dazu bei Komplikationen während der Geburt, die Vaginalöffnung kontrolliert zu vergrößern und somit schwerwiegende Verletzungen der Mutter (z.B. tiefes Einreißen des Gewebes) oder die Gefahr einer Notlage des Ungeborenen (z.B. Kreislaufschwäche oder Atemverlangsamung) zu senken. Ein anderer Grund, warum ein Dammschnitt nötig sein kann, ist beispielsweise eine Beckenendlage des Kindes [1].
Der Dammschnitt wird üblicherweise während des zweiten Wehenstadiums durchgeführt. Vor dem Einschnitt wird das Gewebe betäubt, falls noch keine örtliche Betäubung vorhanden ist. Der Schnitt wird wie ein Dammriss nach der Geburt vernäht [1].
Der Dammschnitt ist einer der am häufigsten eingesetzten chirurgischen Eingriffe weltweit. In manchen Ländern ist er Teil der Standardversorgung bei einer Geburt, während er in anderen Ländern nur bei Bedarf eingesetzt wird [1].
Wenn eine vaginale Geburt zu Komplikationen führen könnte oder unerwünscht ist, kann ein Kaiserschnitt eine Alternative zur vaginalen Geburt sein. Dabei werden die Bauchdecke und Gebärmutter geöffnet und das Kind entnommen. Die Operation erfolgt entweder unter Voll- oder Teilnarkose und dauert etwa eine Stunde. Anschließend werden die Gebärmutter und die Bauchdecke wieder vernäht. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist in westlichen Ländern ein Kaiserschnitt bei etwa 13 von je 100 Geburten notwendig [2].
Bei Bluthochdruck mit oder ohne erhöhte Eiweißausscheidung im Urin (Präeklampsie) ab der 34. Schwangerschaftswoche gibt es zwei Behandlungsmöglichkeiten. Zum einen kann die Geburt unmittelbar eingeleitet werden, zum anderen kann unter regelmäßiger ärztlicher Beobachtung abgewartet werden. Die ärztliche Betreuung kann ambulant oder stationär erfolgen, bei der der Blutdruck gemessen und der Proteingehalt im Urin bestimmt wird. Zudem können die Schwangere auf Präeklampsie-Symptome und das Baby mit Blick auf seine Bewegungen und seine Herzfrequenz untersucht werden.
Die Geburten wurden in dieser Übersichtsarbeit durch eine Amniotomie (Fruchtblaseneröffnung) oder durch Gabe von Oxytocin (Wehenmittel) eingeleitet. Falls erforderlich wurden Prostaglandine zur Unterstützung der Öffnung des Muttermundes verabreicht [3].
In der Faktenbox werden der Dammschnitt wenn dieser notwendig wurde und der vorsorglich durchgeführte Dammschnitt hinsichtlich seines Nutzens und Schadens miteinander verglichen.
Die Tabelle liest sich wie folgt:
Etwa zwei von je 100 Frauen, bei denen ein Dammschnitt entweder nach Bedarf oder vorsorglich durchgeführt wurde, erlitten eine Infektion des Damms.
Die Zahlen in der Faktenbox sind gerundet. Sie basieren auf zwölf Studien mit knapp 6.177 Teilnehmerinnen [1].
In keiner der im Review herangezogen Studien konnten Schmerzen sorgfältig beurteilt werden. Auch wurden Frauen nicht zu ihren Präferenzen bei der Entbindung befragt.
Andere wichtige Endpunkte im Zusammenhang mit langfristigen Wirkungen durch eine verlängerte und erschwerte Geburt wie beispielsweise eine abnormale Verbindung zwischen Harnblase und Vagina (Blasen-Scheiden-Fistel) oder zwischen der Vagina und dem After (Rektalfistel) die durch Druckgeschwüre entstehen können oder ein Rückgang der Steuerungsfähigkeit des Stuhlabgangs, wurden in den Studien nicht berichtet.
- April 2018 (Erstellung)
Die Informationen für die Faktenbox wurden den folgenden Quellen entnommen:
[1] Jiang H, Qian X, Carroli G, Garner P. Selective versus routine use of episiotomy for vaginal birth. Cochrane Database Syst Rev 2017(2):CD000081.
[2] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Kaiserschnitt 2018 [Available from: https://www.gesundheitsinformation.de/kaiserschnitt-welche-vor-und-nachteile-haben.2686.de.html accessed 27.03.2018].
Die Beweislage ist insgesamt von niedriger bis moderater Qualität:
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Ergebnisse zu schwerwiegenden Verletzungen, Infektionen des Damms, länger als sechs Monate anhaltende Harninkontinenz und Schmerzen drei Tage nach dem Dammschnitt, durch weitere Forschung verändert werden (niedrige Beweislage).
Die Ergebnisse zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr könnten durch weitere Forschung verändert werden (moderate Beweislage).