In der ersten Unstatistik des Monats im neuen Jahr werden die regelmäßigen Schreckensmeldungen über weggeworfene Lebensmittel in Deutschland untersucht. Zuletzt hatten die beiden christlichen Kirchen beim ökumenischen Landkirchentag auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin die Verschwendung von Nahrungsmitteln angeklagt. Jeder deutsche Verbraucher werfe im Durchschnitt pro Jahr 83 Kilogramm Lebensmittel auf den Müll.
Im „Spiegel“ 50/2012 wurde ähnlich alarmierend berichtet, weniger als die Hälfte des in Europa angebauten Obstes und Gemüses würde tatsächlich auch gegessen. Dieser Rechnung lag jedoch ein populärer Denkfehler zugrunde: Wenn 50 Prozent von einer Sache verlorengehen und vom Rest dann nochmals 50 Prozent, so sind das insgesamt nicht 100 Prozent sondern 75 Prozent. Der Spiegel hatte aber die Verlustraten auf den verschiedenen Stufen vom Anbau bis in den Verbrauchermagen einfach aufaddiert und kam bei Obst und Gemüse auf insgesamt 56 Prozent, bei Wurzeln und Knollen sogar auf 68 Prozent der Ausgangsmenge. Tatsächlich sind es aber nur 46 Prozent beziehungsweise 52 Prozent – immer noch viel, aber nicht ganz so alarmierend.
Bei näherem Hinsehen entpuppt sich überdies ein Großteil dieser verbleibenden Prozentsätze – ebenso wie ein großer Anteil der von den Kirchen beanstandeten 83 Kilogramm Nahrung, die weggeworfen werden – als unvermeidbarer oder teilweise unvermeidbarer Abfall wie beispielsweise Brotrinden oder Apfelschalen. So schätzt die Studie, auf die sich die Meldungen der Kirchen beziehen, dass nur 38 Kilogramm des von den Verbrauchern entsorgten Essens definitiv vermeidbar waren.
Als beklagenswert verbleiben die nur wegen angeblicher Schönheitsfehler auf dem Müll landenden Nahrungsmittel, hier wäre sicherlich ein Umdenken ökologisch wie auch ethisch angebracht. Aus ethischer Sicht fast noch bedenklicher erscheint dagegen der kaum beklagte Umstand, dass allein in Deutschland jedes Jahr mehr als vier Millionen Tonnen Lebensmittel zu Kfz-Treibstoff verarbeitet werden.